In einer Welt, in der finanzielle Sicherheit und Wohlstand eine wichtige Rolle spielen, stellt sich die Frage, ob mehr Geld tatsächlich auch mehr Glück bedeutet. Lange galt ein Jahreseinkommen von 75.000 US-Dollar als „Glücksgrenze“, die vom Nobelpreisträger Daniel Kahneman und seinem Kollegen Angus Deaton in einer Studie aus dem Jahr 2010 beschrieben wurde. Doch trifft diese Annahme auch heute noch zu? Ein kürzlich veröffentlichter Videobeitrag beschäftigt sich mit dieser Fragestellung und präsentiert neue wissenschaftliche Erkenntnisse dazu.
Die Ursprungsidee hinter der 75.000-Dollar-Grenze stammte aus einer groß angelegten Studie mit 450.000 Teilnehmern aus den USA. In dieser Studie wurden zwei zentrale Aspekte untersucht: die allgemeine Lebenszufriedenheit und das emotionale Wohlbefinden. Das Ergebnis zeigte, dass mit steigendem Einkommen die Lebenszufriedenheit kontinuierlich zunahm, jedoch das emotionale Wohlbefinden ab einem bestimmten Punkt nicht mehr signifikant anstieg. Genauer gesagt flachte der positive Effekt auf das Wohlbefinden bei etwa 75.000 Dollar Jahresverdienst ab.
Kritiker dieser Studie, darunter der Wissenschaftler Matthew Killingsworth, merkten jedoch an, dass die damaligen Ergebnisse aufgrund retrospektiver Befragungen verzerrt sein könnten. Erinnerungen an vergangene Gefühle und Momente seien möglicherweise ungenau. Um dies zu umgehen, entwickelte Killingsworth eine neue Herangehensweise: Er ließ 33.000 Studienteilnehmer ihre aktuellen Gefühle in einer App erfassen, wodurch insgesamt 1,7 Millionen Datenpunkte gesammelt wurden. Seine Ergebnisse deuteten darauf hin, dass sowohl die Lebenszufriedenheit als auch das emotionale Wohlbefinden weiterhin mit steigendem Einkommen anstiegen – weit über die 75.000-Dollar-Grenze hinaus.
Die spannende Wendung kam, als Kahneman und Killingsworth sich gemeinsam dieser Fragestellung annahmen und ihre Daten verglichen. Das Ergebnis? Es existiert tatsächlich eine Einkommensgrenze, die jedoch nicht pauschal für jeden gilt. Während sich für etwa 85 % der Menschen mit steigendem Einkommen auch das Wohlbefinden weiter verbessert, profitieren besonders unglückliche Menschen ab einem bestimmten Punkt nicht mehr von zusätzlichem Einkommen. Anders ausgedrückt: Wer bereits relativ glücklich ist, kann durch mehr Einkommen noch glücklicher werden, während dies für Menschen mit schwerwiegenderen Problemen nicht unbedingt der Fall ist.
Dies wirft die Frage auf, warum mehr Geld Menschen überhaupt glücklicher macht. Ein höheres Einkommen kann es ermöglichen, negative Lebensumstände zu vermeiden, sei es durch bessere Gesundheitsversorgung, mehr Sicherheit oder die Vermeidung von Stresssituationen. Gleichzeitig eröffnet mehr Geld neue Möglichkeiten für Freizeitgestaltung, Komfort und Zeitersparnis – Faktoren, die das eigene Lebensglück beeinflussen können.
Letztendlich hängt die Wirkung von mehr Einkommen auf das Glücksempfinden stark von den individuellen Lebensumständen ab. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie man zusätzliches Einkommen gezielt nutzen könnte, um das eigene Wohlbefinden zu steigern – sei es durch mehr Freizeit, bessere Lebensqualität oder persönliche Erfüllung. Die Frage bleibt, wie man persönlich mit den gewonnenen finanziellen Freiräumen das eigene Lebensglück gestalten würde.