Wie unsere Familie unser Verhältnis zu Geld prägt

Geld ist weit mehr als ein Zahlungsmittel – es ist emotional aufgeladen, tief mit unserer Identität verbunden und in vielen Fällen das Ergebnis von Erfahrungen, die wir in unserer Herkunftsfamilie gemacht haben. Wer besser verstehen will, wie er oder sie mit Geld umgeht, sollte einen Blick in die eigene Vergangenheit werfen.

Unser Umgang mit Geld ist selten rational. Vielmehr folgen wir Mustern, die wir unbewusst in unserer Kindheit aufgenommen haben. Vielleicht wurde Geld großzügig verteilt – oder streng rationiert. Vielleicht war es ein Tabuthema – oder Mittelpunkt jeder Diskussion. All das beeinflusst unsere heutige Einstellung zu Finanzen.

Drei Wege, mit Geld umzugehen – und ihre Auswirkungen

Die US-amerikanische Finanzpsychologin Dr. Eileen Gallo entwickelte ein Modell, das den Umgang mit Geld in drei sogenannte „Money Dimensions“ (Geld-Dimensionen) unterteilt: Erwerb, Nutzung und Verwaltung. Jede Person neigt dazu, eine dieser Dimensionen besonders stark zu leben – bewusst oder unbewusst.

Dabei gibt es in jeder Kategorie sowohl gesunde als auch ungesunde Ausprägungen.

1. Erwerb (A): Geld als Ziel

Menschen mit dem Schwerpunkt „Erwerb“ sehen Geld vor allem als etwas, das man besitzen, anhäufen und erlangen muss. Es ist für sie ein Symbol für Erfolg und Kontrolle.

  • Gesund: Zielstrebigkeit, finanzielle Weitsicht, klare Ziele

  • Ungesund: Entweder unstillbares Streben nach „immer mehr“ – oder komplette Verweigerung von Geld aus moralischen Gründen

Beispiel: Jemand arbeitet unermüdlich, spart aggressiv, genießt das Geld aber nie – oder lehnt Geld radikal ab und lebt asketisch.

2. Nutzung (U): Geld als Mittel zum Genuss

Hier steht der Konsum im Vordergrund. Geld ist da, um das Leben zu genießen – Essen gehen, Reisen, Shopping.

  • Gesund: Freude am Leben, bewusster Konsum

  • Ungesund: Entweder unkontrolliertes Ausgeben – oder übermäßiges Sicherheitsdenken, das den Spaß am Geld blockiert

Beispiel: Eine Person, die bei Frust zum Shopping greift, oder umgekehrt jemand, der aus Angst vor Armut nie Geld für sich selbst ausgibt.

3. Verwaltung (M): Geld als Aufgabe

Menschen mit dieser Prägung sehen Geld als etwas, das geordnet, geplant und kontrolliert werden muss. Jedes Detail zählt, nichts soll dem Zufall überlassen bleiben.

  • Gesund: Strukturierter Umgang, Budgettreue

  • Ungesund: Entweder Kontrollzwang bis zur Überforderung – oder völliges Vermeiden von Finanzplanung aus Angst vor Konflikten

Beispiel: Jemand erstellt für jede Ausgabe eine Excel-Tabelle und vergisst dabei, das Leben zu genießen – oder meidet Geldthemen komplett aus Angst, Fehler zu machen.

Geldmuster erkennen – mit einem Money-Genogramm

Eine Methode, um das eigene Verhältnis zu Geld besser zu verstehen, ist das sogenannte „Money Genogramm“ – eine Art Stammbaum der Geldmuster. Ursprünglich stammt die Genogramm-Technik aus der Psychologie und wird genutzt, um Familiendynamiken sichtbar zu machen.

So funktioniert’s:

  1. Zeichne einen Familienstammbaum mit den wichtigsten Bezugspersonen.

  2. Weise jeder Person eine Geld-Dimension zu: A (Erwerb), U (Nutzung), M (Verwaltung).

  3. Ergänze ein „+“ für gesunde und ein „–“ für ungesunde Ausprägungen.

Beispiel: Wenn deine Mutter sehr großzügig war, ohne auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten, könnte sie als „U–“ (ungesundes Nutzungsverhalten) dargestellt werden.

Diese Visualisierung kann helfen, wiederkehrende Muster in der Familie zu erkennen – und eigene Verhaltensweisen besser einzuordnen.

Warum diese Reflexion so wertvoll ist

Wenn wir verstehen, woher unsere finanziellen Verhaltensweisen kommen, können wir bewusster mit ihnen umgehen – statt sie unreflektiert zu wiederholen. Gerade in Partnerschaften, Familien oder im Berufsleben kann ein geklärtes Verhältnis zu Geld Missverständnisse vermeiden und zu gesünderen Entscheidungen führen.

Denn: Geld ist oft Auslöser von Konflikten – nicht weil es fehlt, sondern weil unterschiedliche Einstellungen aufeinandertreffen.