How to: Immobilienkauf ohne Eigenkapital

Attraktive Chancen abseits der Metropolen: In vielen Regionen Deutschlands lohnt sich der Immobilienkauf aktuell besonders – auch ohne Eigenkapital. © Freundeskreis Gruppe

Gastautor und Immobilienexperte Tobias Bräunig über die fünf zentralen Hebel, um den Immobilienkauf auch ohne den Einsatz von Eigenkapital zu stemmen

Der Immobilienmarkt in Deutschland ist wieder in Bewegung. Und in vielen Regionen, vor allem abseits der überkauften und entsprechend teuren Metropolen, eröffnen sich aktuell attraktive Kaufgelegenheiten. So zeigt eine im Juni veröffentlichte Studie des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts im Auftrag der Postbank: In 40 von 400 untersuchten Regionen bestehen derzeit besonders gute Bedingungen für den Erwerb von Eigentumswohnungen aus dem Bestand. Bis 2035 werden dort inflationsbereinigte Preissteigerungen von mindestens 0,6 % pro Jahr erwartet – bei gleichzeitig moderaten Kaufpreis-Miet-Verhältnissen.

Viele denken jetzt vermutlich: Klingt gut – aber ich habe kein Eigenkapital. Für mich also keine Option? Doch genau das ist ein Trugschluss. Denn sogenannte Vollfinanzierungen, also Immobilienkäufe ohne den Einsatz eigenen Kapitals, sind längst keine Ausnahme mehr. Im Gegenteil: Sie können sogar strategische Vorteile bieten – zum Beispiel den Erhalt der eigenen Liquidität für weitere Investments oder Rücklagen.

Wer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einem Nettoeinkommen ab ca. 2.500 Euro vorweisen kann, eine positive Vermögensbilanz hat und keine negativen SCHUFA-Einträge, bringt bereits solide Voraussetzungen für eine Finanzierung mit.

Hier sind fünf zentrale Hebel, mit denen der Einstieg in den Immobilienmarkt auch ohne Eigenkapital gelingen kann:

1. Kaufnebenkosten vom Verkäufer übernehmen lassen

Ein häufig unterschätzter, aber effektiver Hebel: Wird vertraglich geregelt, dass Grunderwerbsteuer, Notar- und Maklerkosten vom Verkäufer getragen werden, kann der Käufer sein Kapital vollständig zurückhalten. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Erwerbsnebenkosten – in der Regel 10–15 % des Kaufpreises – sind ein entscheidender Kostenblock. Fällt dieser weg, ist eine 100%-Finanzierung durch die Bank deutlich realistischer.

2. Verkäuferdarlehen: Finanzierung kreativ gestalten

Nicht immer muss die Bank allein ins Risiko gehen. Ein intelligenter Finanzierungsansatz ist das sogenannte Verkäuferdarlehen. Dabei stellt der Verkäufer dem Käufer den Eigenkapitalanteil als nachrangiges Darlehen zur Verfügung – mit späterer Rückzahlung. In Kombination mit der Bankfinanzierung entsteht eine vollständige Finanzierung, ohne dass eigenes Kapital eingebracht werden muss.

Diese Modelle erfordern etwas Verhandlungsgeschick, können aber Win-Win-Situationen schaffen: Der Käufer kommt ins Eigentum, der Verkäufer erzielt eine attraktive Zusatzrendite – und die Bank sieht eine zusätzliche Sicherheit.

3. Rollierendes Eigenkapital: Einmal hinterlegen, mehrfach nutzen

Ein erprobter Praxisansatz ist das sogenannte rollierende Eigenkapital: Dabei wird ein Teil des Kaufpreises – z. B. 20 % – auf einem verpfändeten Konto als Sicherheit hinterlegt. Die Bank wertet dies als „quasi Eigenkapital“, finanziert den vollen Kaufpreis – und sobald das Konto durch Mieteinnahmen bedient ist, wird es freigegeben und kann beim nächsten Kauf erneut eingesetzt werden.

Beispiel: Die Bank bewertet eine Immobilie mit 500.000 Euro, möchte aber nur 80 % davon finanzieren. Der Käufer bringt kein echtes Eigenkapital ein, sondern hinterlegt die fehlenden 100.000 Euro auf einem verpfändeten Konto. Durch die laufende Mietzahlung reduziert sich diese Summe – und steht mittelfristig erneut als Sicherheit zur Verfügung. Eine intelligente Lösung, um mit begrenztem Kapital ein Portfolio aufzubauen.

4. Das Objekt muss sich rechnen

Der wichtigste Grundsatz beim Immobilienkauf als Kapitalanlage: Es zählt nicht, was gefällt – sondern was sich rechnet. Wer clever investiert, prüft deshalb nüchtern die wirtschaftlichen Eckdaten:

·       Makrolage: Welche Region hat langfristig Potenzial? Bevölkerungsentwicklung, Arbeitsmarktdaten, Infrastruktur.

·       Mikrolage: Wie ist die unmittelbare Umgebung? Verkehrsanbindung, Nahversorgung, Mieterstruktur.

·       Objektzustand: Wie ist die Bausubstanz, insbesondere energetisch? Was muss kurzfristig investiert werden?

Attraktiv sind oft kompakte Wohnungen in B- oder C-Lagen – also Standorte mit guter Anbindung, aber moderaten Preisen. Die eingangs erwähnte Studie des HWWI bestätigt: In vielen dieser Regionen sind die Renditeaussichten besonders solide.

5. Emotionen raus beim Häuserkauf

Ein häufiger Denkfehler, gerade bei der ersten Immobilie: „Ich könnte mir vorstellen, selbst dort zu wohnen.“ Doch das ist nicht entscheidend – im Gegenteil: Eine Immobilie zur Kapitalanlage muss nicht gefallen, sie muss funktionieren. Es geht um wirtschaftliche Tragfähigkeit, nicht um Wohnträume. Wer emotional an Objektauswahl oder Standort herangeht, zahlt oft drauf. Denn: Der schönste Altbau in der falschen Lage bleibt ein schlechtes Investment.

Immobilien sind in diesem Fall keine Lebensentscheidung, sondern eine strategische Kapitalentscheidung. Wer das akzeptiert, trifft rationalere – und langfristig bessere – Kaufentscheidungen.

Fazit: Kein Eigenkapital – kein Problem? Doch. Aber lösbar.

Der Immobilienkauf ohne Eigenkapital ist kein Selbstläufer – aber er ist möglich. Und für viele ist er sogar der einzige realistische Weg in den Markt. Wer clever strukturiert, solide plant und kreative Finanzierungswege nutzt, kann auch ohne Startkapital Vermögen aufbauen.

Risiken gibt es immer – doch wer auf den „perfekten Moment“ wartet, verpasst oft den besten. Zwei Drittel aller privaten Vermieter in Deutschland sind Privatpersonen. Viele von ihnen haben mit einfachen Objekten und überschaubarem Budget angefangen.

Die Chance ist da. Man muss sie nur ergreifen.

Zum Autor

Tobias Bräunig ist Gründer und CEO der Freundeskreis Gruppe. Seit der Gründung im Jahr 2018 verzeichnet das Unternehmen bis heute mehr als 300 Kunden, über 300 verkaufte Immobilien und mehr als 100 Millionen Euro Transaktionsvolumen. Der Immobilien-Unternehmer und frühere Thaibox-Weltmeister macht sich mit der von ihm gegründeten Immobilien-Community dafür stark, dass die Immobilie ein wichtiger Altersvorsorge-Baustein für möglichst viele Menschen in Deutschland wird.